Ustrab

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Vorgeschichte

Ideen und Konzepte für Tunnelbahnen gab es in Wien schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Weltkriege, Wirtschaftskrise und Wiederaufbau verhinderten jedoch stets die Realisierung. Der Grundstock für den tatsächlichen Bau von Untergrundstrecken wurde 1955 auf der „1. Wiener Verkehrsenquete“ gelegt. Nach dem damaligen Stand der Technik lag die Zukunft im großzügigen Ausbau der Fahrbahnen, während Fußgänger und Schienenbahnen an neuralgischen Stellen möglichst unterirdisch zu führen seien. Es mangelte aber nach wie vor an den notwendigen Mitteln für den Bau einer echten U-Bahn – und so begnügte man sich mit punktuellen Lösungen, etwa dem Bau einer Straßenbahnunterführung am Südtiroler Platz (1959) oder dem Umbau der Schleifenanlage Schottentor zum heute noch bestehenden „Jonas-Reindl“. Gleichzeitig wurden auch die Planungen für die Unterpflasterstraßenbahnstrecken im Bereich der Zweierlinie und des Gürtels aufgenommen. Nachdem man sich dem internationalen Trend zur U-Bahn nicht verschließen konnte, wurden beide Ustrab-Strecken so ausgeführt, dass eine mögliche spätere Umstellung auf U-Bahn-Betrieb bereits berücksichtigt war: Unterhalb der Zweierlinie wurde ein tiefes Schotterbett angelegt, um bei einer U-Bahn-Umstellung die Gleise tiefer legen zu können – dazu kam es aber nicht, beim Umbau zur U2 wurden die Bahnsteige angehoben. Eine solche Bahnsteiganhebung ist in der Gürtel-Ustrab berücksichtigt; die kurzen Treppenabsätze zwischen Bahnsteig und Fahrtreppen bzw. weiterführenden Gängen zeugen heute noch davon.

Haltestellen

Die Gürtel-Ustrab ist inklusive der Zweigstrecke zur Wiedner Hauptstraße ca. 3,4 km lang und verfügt über sechs Haltestellen, darunter die ehemalige Unterführung Südtiroler Platz, die in das Gesamtbauwerk eingegliedert wurde. Ursprünglich waren alle Haltestellen Doppelhaltestellen und feste Haltestellen – nur Sonderzüge durften Haltestellen ohne Kreuzungsbereich ohne Halt passieren. Mit 26. März 1975 wurde die Haltestelle Südtiroler Platz zu einer Einfachhaltestelle, mit 15. Februar 1985 die Haltestelle Laurenzgasse in Fahrtrichtung Stadt, da hier wegen des am Bahnsteigende angeordneten Ausgangs unnötig lange Fußwege zurückzulegen waren. Erst mit dem Einsatz von Doppeltraktionen auf der Badner Bahn bis zur Oper wurde der vordere Haltestellenbereich am 14. Jänner 2002 wieder reaktiviert, wenn auch ausschließlich für diese Züge. Seit 20. März 1984 sind sämtliche Haltestellen ohne Kreuzungsbereich Bedarfshaltestellen, da in der Ustrab keine Züge ohne Haltewunschfunktion mehr im Einsatz waren.

Tunnelausstattung

Der gesamte Ustrab-Tunnel ist beleuchtet. Die Leuchtstoffröhren sind auf jeder Tunnelseite alle 20 m und von Seite zu Seite um 10 m versetzt angebracht, um dem Fahrpersonal die Abschätzung von Entfernungen zu erleichtern. In den Rampenabschnitten (ausgenommen Südtiroler Platz, da hier die Rampe direkt an den Haltestellenbereich anschließt) war die Beleuchtung bis vor einigen Jahren je nach Außenlichtverhältnissen automatisch verstärkt, um den Übergang vom Tageslicht zum dunklen Tunnel zu erleichtern. Die Oberleitungsabschnitte im Tunnelbereich waren früher direkt ausschaltbar; zur Kennzeichnung der Schaltkästen waren an den Tunnelwänden blaue Leuchtstoffröhren senkrecht montiert. Seit 1999 sind diese Notschalter abmontiert, da die Abschnitte für eine bessere Wirksamkeit der Bremsstromrückspeisung der ULFe zusammengefasst wurden. Die Fahrstromabschaltung kann nun nur noch über die Betriebsleitstelle Erdberg erfolgen, die im Bedarfsfall über Wagenfunk zu verständigen ist. Die ursprünglich angebrachten Pfeile und Balken zur Angabe der Fluchtrichtung im Gefahrenfall wurden vor einigen Jahren durch die auch im U-Bahn-Bereich üblichen Schilder in Normausführung ersetzt. Jeder Bahnsteig verfügt über zwei Schränke. In einem befindet sich ein Feuerlöscher, in einem zweiten ein Bahntelefon. Bis zur Renovierung 2011 gab es noch je einen dritten Schrank, dieser verfügte über einen Notschalter für die Bahnsteigbeleuchtung, der aber schon einige Jahre vor der Renovierung seine Bedeutung verlor, da die Schaltfunktion in die Stationsüberwachung verlegt wurde.

Signalvorschrift

Grundsätzlich gelten in der Ustrab dieselben Betriebsvorschriften wie im Oberflächenverkehr, zusätzlich sind im Tunnel erweiterte Vorschriften anzuwenden, weshalb für das Befahren der Tunnelstrecke eine zusätzliche Prüfung („Ustrab-Schule“) abgelegt werden muss. Die Strecke ist signalgedeckt, jedoch gibt es keine Zugsbeeinflussung für zusätzliche Sicherung bei Nichtbeachtung von Signalen. Die Ustrab ist in Gleisabschnitte unterteilt, die durch Isolierstöße getrennt sind. Um dennoch eine Rückleitung des Fahrstroms über die Schiene zu ermöglichen, sind die Abschnitte über Drosselspulen miteinander verbunden, die für den Fahrstrom (Gleichstrom) durchlässig sind, nicht aber für den Überwachungsstrom der Gleisbesetztmeldung (Wechselstrom). Für eine raschere Annäherung der Züge an die Haltestellen sind alle Haltestellenbereiche in zwei Gleisabschnitte unterteilt. Außerhalb von Kreuzungsbereichen sind sogenannte Nachrücksignale im Einsatz. Diese überwachen jeweils einen Gleisabschnitt und zeigen in der Grundstellung Grün-Grün (frei mit erlaubter Höchstgeschwindigkeit). Wenn nun ein Abschnitt von einem Zug besetzt ist, wird der an beiden Schienen anliegende Überwachungsstromkreis über die Achsen geschlossen. Die Besetztmeldung spricht an, das zugehörige Nachrücksignal zeigt Gelb-Gelb („Langsam“, max. 15 km/h). Sobald der Zug den Folgeabschnitt erreicht hat, wird das Signalbild Grün-Gelb („Vorsicht“, max. 30 km/h) angezeigt. Erst wenn Gleisabschnitt und Folgeabschnitt wieder frei sind, erreicht das Signal wieder seine Grundstellung. Bei Lampenausfall werden automatisch jene Signalbilder angezeigt, die der „sicheren Seite“ näher sind; im Zweifelsfall gilt stets „Langsam“ bis zum zweitfolgenden Grün-Grün zeigenden Nachrücksignal. Um Fehlfunktionen der Gleisbesetztmeldung (Unterbrechung des Gleisstromkreises) hintanzuhalten, ist das Sandstreuen in der Ustrab tunlichst zu vermeiden. Wegen der Richtungsabhängigkeit der Signalanlage ist jede Rückwärtsfahrt in der Ustrab verboten und nur über besonderen Auftrag zulässig. Auch bei irrtümlichem Überfahren falsch gestellter Weichen ist eine Weiterfahrt in der eingeschlagenen Richtung verpflichtend. Die Nachrücksignale sind in Fahrtrichtung I (Eichenstraße – Südtiroler Platz, Matzleinsdorfer Platz – Knöllgasse und Laurenzgasse – Kliebergasse) mit ungeraden, in Fahrtrichtung II mit geraden Nummern bezeichnet. Im Gefälle von der Kliebergasse zur Laurenzgasse befindet sich das einzige Vorsignal in der Ustrab, das zudem wegen der Unübersichtlichkeit (enger Rechtsbogen) sowohl links als auch rechts vom Gleis angebracht ist. Diese Gefällestrecke ist weiters mit einer permanenten, durch Erinnerungssignale angezeigten örtlichen Geschwindigkeitsbeschränkung von 25 km/h gesichert. Die ULFe haben in der Ustrab eine Notbremsüberbrückung (ausgenommen in den Haltestellenbereichen).

Kreuzungsbereiche

In Kreuzungsbereichen (Matzleinsdorfer Platz und Kliebergasse) sind zusätzlich „Ausfahrsignale in Haltestellen mit Kreuzungsbereich“ (Rotlicht) und „Fahrtrichtungsanmeldesignale“ (Pfeillichter) angebracht, die eine Fahrstraßenüberwachung durchführen („Anlage 1“). Diese Signalleuchten sind aus Redundanzgründen mit Zwei-Faden-Lampen bestückt, bei Rot zeigendem Ausfahrsignal sind zudem die Lichter des zugehörigen Nachrücksignals finster. Es wird überprüft, ob die angeforderte Fahrstraße frei ist, sich die anderen Verzweigungsweichen in der Flankenschutzstellung befinden, sämtliche betroffenen Weichen anliegen und verriegelt sind und die Ausfahrsignale kreuzender Fahrstraßen den „Halt“-Begriff zeigen. Für den Fahrtrichtungswunsch ist beim Annähern an die Verzweigungsweiche die Pfeillaterne zu beachten, deren Lichtsignal stets jene Richtung anzeigt, die angefordert wird, wenn vom Zug kein anderer Richtungswunsch empfangen wird. In früheren Zeiten wurde dieser Richtungswunsch wie bei E-Weichen in Normalausführung des Oberflächenverkehrs durch Befahren eines Einschaltstücks im Fahrdraht mit oder ohne Fahrstrom gesendet, heute erfolgt die Fahrtrichtungsanmeldung automatisch über das induktive VETAG-System. Durch diesen Umbau wurde auch das bisher mögliche Nachfahren eines zweiten Zuges mit gleichem Richtungswunsch bei Anlage 1 aufgegeben. In der Ursprungsausführung schaltete das Ausfahrsignal erst auf „Halt“, wenn der Weichenbereich freigefahren war, jetzt zeigt es bereits beim Besetzen der Verzweigungsweiche durch den ersten Zug „Halt“, sodass ein direktes Nachfahren ausgeschlossen ist. Trotz Flankenschutzweichen und Fahrstraßenüberwachung gilt jedoch auch beim Befahren der Ustrab-Weichenbereiche die Konfliktweichenregel (früher „Linksweichenregel“).

Technische Probleme

Sämtliche Anlagen sind in konventioneller Relaissteuerung aufgebaut. Die hier verwendete Technik erwies sich jedoch bereits in den Anfangsjahren als relativ unzuverlässig, weshalb noch im Eröffnungsjahr als Rückfallebene eine herkömmliche Signalanlage (wie im Oberflächenbetrieb) eingebaut wurde. Diese sogenannte „Anlage 2“ hat jedoch den gravierenden Nachteil, nach einem festen Umlaufplan zu schalten und so die Zugfahrten erheblich zu verzögern, was vor allem in den Verkehrsspitzen für längere Zugstaus sorgt. Deswegen wird vor allem in der Früh-HVZ gern auf manuelle Regelung der Kreuzung am Matzleinsdorfer Platz zurückgegriffen. Der solcherart den Verkehr abwickelnde Revisor wird im Tramwayer-Jargon auch gern als „Anlage 3“ bezeichnet. Im Fall einer falschen oder nicht funktionierenden Fahrtrichtungsanmeldung bei Betrieb der Anlage 1 dürfen Weichen nicht manuell gestellt werden, da die Weichenstellung nicht nur vom eigenen Richtungswunsch, sondern auch von anderen Fahrstraßen abhängig ist (Flankenschutz) und sich daher eine Weiche bis zum Erlöschen des Halt zeigenden Ausfahrsignals auch mehrmals selbsttätig umstellen kann. Die Neuanmeldung der Fahrtrichtungsanmeldung erfolgt daher über den Richtungsdrehschalter, der sich in dem mit „R“ gekennzeichneten Richtungsschaltkasten am Bahnsteig befindet. Wenn die Fahrstraße trotz korrekter Anmeldung (der richtige Pfeil am Fahrtrichtungsanmeldesignal leuchtet auf) nicht einläuft, ist die Betriebsinspektion (BI) zu verständigen, um eine Zählkettenkorrektur durchzuführen. In den Kreuzungsbereichen existieren nämlich zusätzlich zur Gleisbesetztmeldung Achszählwerke, die sowohl die in einen Abschnitt ein- als auch ausfahrenden Achsen registrieren und nur bei Gleichheit beider Zählergebnisse den benutzten Fahrweg wieder frei melden. In der geschilderten Situation unterlief der Anlage 1 in den allermeisten Fällen ein Fehler beim Ein- und Auszählen der Achsen. Wenn auch die Zählkettenkorrektur ohne Erfolg bleibt, wird auf Anlage 2 umgeschaltet. Aus technischer Sicht sind derartige Fehlfunktionen nur Kleinigkeiten (hängengebliebene Relais), erforden jedoch den Einsatz eines Technikers vor Ort. Im Jahr 1984 wurde die Anlage 1 mit einer Hilfsfreimeldung versehen, um die Probleme mit den Achszählwerken einigermaßen in den Griff zu bekommen. Diese automatische Korrektur erfolgt über Zeitrelais mit einer Ansprechdauer von vier Sekunden. Dauert die Korrektur länger, fällt das Relais ab und es ist nur mehr die „harte“ Zählkettenkorrektur über die Leitstelle möglich. Das Ansprechen der Hilfsfreimeldung ist auch für den Laien erkennbar: In solchen Fällen signalisiert das Nachrücksignal bei eingelaufener Fahrstraße stets Gelb-Gelb.

Modernisierung

Gröbere Umbauten an der bestehenden Signalanlage sind nicht mehr möglich, da solche Arbeiten eine Neuzulassung nach StrabVO 1999 bedingen würden. Eine solche sieht für Tunnelstrecken jedoch Zugsbeeinflussung vor. Neben der kostenaufwändigen Adaptierung der Fahrzeuge wäre dann auch der Betrieb der Doppelhaltestellen nicht mehr möglich – was das in der Hauptverkehrszeit am Matzleinsdorfer Platz bedeuten würde, braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden. An allen Einfahrtsportalen und in jeder Haltestelle wurden 2003 Einfahrtsverbot-Signale (je zwei rote Einkammersignale) installiert. Diese Rotlichtanlage kann nur von der Leitstelle in Erdberg aktiviert werden. Sie hat keinen technischen Zusammenhang mit den übrigen Signalanlagen (Rotlicht bedeutet unabhängig von der Anzeige anderer Signale stets Halt). Abgesehen von der Signaltechnik wurde und wird die Ustrab in den letzten Jahren kontinuierlich erneuert. Bis auf Blechturmgasse und Südtiroler Platz verfügen nun sämtliche Stationen über Aufzüge. Das Leitsystem wurde dem U-Bahn-Standard angepasst. Bis 2011 wurden die Haltestellenbauwerke außerdem einer umfassenden Renovierung unterzogen, die auch den Ersatz des in die Jahre gekommenen Fliesendekors durch Mosaikmuster, das Einziehen neuer Zwischendecken samt verbesserter Beleuchtung und die Neugestaltung der Zugangsbauwerke umfasste.


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