Straßenbahnverordnung 1999

Seit 1. Juli 2000 ist die Straßenbahnverordnung 1999 (BGBl. 76/2000) in Kraft, die diejenige von 1957 abgelöst hat. Wir stellen Ihnen hier die wichtigsten Bestimmungen vor. Bitte beachten Sie, dass unsere Kommentare kursiv geschrieben sind, die Gesetztestexte (Kürzungen vorbehalten) in normaler Schrift.

Die neue Verordnung gilt für alle spurgebundenen Fahrzeuge und die dazu gehörigen Betriebseinrichtungen, die keine Eisenbahnen im Sinne des Eisenbahngesetzes sind. Dies beinhaltet auch Bahnen, die keine öffentlichen Verkehrsflächen mit benützen; sowie Seil- und Schwebebahnen sinngemäß. Sie gilt nicht für O-Busse.

§ 4 Allgemeine Anforderungen an den Bau

(5) Zu den baulichen Anforderungen gehören auch Maßnahmen, die körperbehinderten, älteren oder gebrechlichen Personen, werdenden Müttern, Kindern und Fahrgästen mit kleinen Kindern die Benützung der Betriebsanlagen und Fahrzeuge erleichtern. Einrichtungen für diese Personen sind durch Hinweise zu kennzeichnen.

Gilt nur für neue Einrichtungen und Fahrzeuge.

§ 15 Streckenführung

(1) Die Streckenführung und die Lage der Haltestellen müssen den Verkehrsbedürfnissen entsprechen und insbesondere sicheres sowie günstiges Umsteigen zu anderen Verkehrsmitteln ermöglichen.

(2) Die Streckenführung muss unter Bedachtnahme auf die jeweilige Straßenraumnutzung und städtebaulichen Rahmenbedingungen fahrdynamisch günstig gewählt werden und hohe Geschwindigkeiten zulassen.

(3) Straßenbahnstrecken dürfen Strecken anderer öffentlicher Eisenbahnen nicht höhengleich kreuzen.

Warum? Das sollte doch mit entsprechenden Sicherungseinrichtungen kein Problem sein. Oder werden bald auch höhengleiche Bahnübergänge von Straßen, die wesentlich unfallträchtiger sind, verboten? Man hätte allerdings die Sicherungs- und Sicherheitseinrichtungen ausjudizieren müssen (Stichwort: Seilbahnen, führerloser Betrieb, Stromschienen etc.). War dazu vielleicht zu wenig Zeit?

(4) Strecken für Zweirichtungsverkehr müssen zweigleisig sein, wenn die jeweiligen Straßenraumnutzung und städtebaulichen Rahmenbedingungen dies zulassen.

(5) Die Streckenführung muss auf eigenen Bahnkörpern oder selbstständigen Gleiskörpern (Straße) erfolgen, wenn die jeweiligen Straßenraumnutzung und städtebaulichen Rahmenbedingungen dies zulassen.

Gilt nur für Neuerrichtungen.

§ 17 Oberbau

(9) Fernstellbare Weichen müssen gegen Umstellen gesichert werden können, so lange ihre beweglichen Teile von einem Zug besetzt sind.

Gilt für bestehende Anlagen ab 1. 7. 2004.

(10) Bewegliche Teile von Weichen, die mit mehr als 15 km/h gegen die Spitze befahren werden, müssen in ihren Endlagen formschlüssig festgelegt werden können.

(11) Werden Weichen durch Fahrzeugeinrichtungen gestellt, darf der Stellvorgang nicht von der Stromaufnahme des Fahrzeugantriebs abhängig sein.

Gilt für bestehende Anlagen ab 1. 7. 2008.

§ 30 Haltestellen

(1) Haltestellen sind

  1. durch Zeichen als solche kenntlich zu machen; bei Haltestelle in Hoch- oder Tieflage sind die Zugänge zu kennzeichnen,
  2. mit dem Namen der Haltestelle zu bezeichnen und mit Fahrplänen und Linienübersichten der diese Haltestelle anfahrenden Linien auszustatten und

  3. als Doppelhaltestelle zu kennzeichnen, wenn an einem Bahnsteig zwei Züge hinter einander halten und abgefertigt werden können.
(2) Haltestellen sollen Bahnsteige aufweisen sowie Wetterschutz und Sitzmöglichkeiten bieten.

(4) Zu- und Abgänge in Haltestellen müssen sicher und bequem sein. Haltestellen ebenerdiger Strecken müssen ohne Stufen zugänglich sein. Haltestellen in Hoch- oder Tieflage müssen auch über Aufzüge erreichbar sein.

(6) Bei Fahrbetrieb ohne Fahrzeugführer sind in Haltestelle besondere Einrichtungen vorzusehen, die einer Gefährdung von Personen durch fahrende Züge entgegen wirken.

(8) Der waagrechte Abstand zwischen Bahnsteigkante und Fahrzeugfußboden oder Trittstufen muss möglichst klein sein; er darf im ungünstigsten Fall in der Türmitte 0,25 m nicht überschreiten.

(9) die Höhen von Bahnsteigen, Fahrzeugfußböden und Fahrzeugtrittstufen sind so aufeinander abzustimmen, dass Fahrgäste bequem ein- und aussteigen können. Der Bahnsteig soll nicht höher liegen als der Fahrzeugfußboden in seiner tiefsten Lage.

(11) Beträgt in einer Haltestelle der zu überwindende Höhenunterschied mehr als 8,0 m, ist eine Fahrtreppe oder eine andere mechanische Förderhilfe vorzusehen.

All dies gilt nur für neue Anlagen.

§ 32 Aufzüge

(3) Fahrkörbe sind mit einer direkten Sprechverbindung zu einer besetzten Betriebsstelle auszustatten.

(4) Nach Netzausfall müssen die Fahrkörbe mindestens bis zum nächsten Haltepunkt fahren und mit offenen Türen stehen bleiben.

(5) Bei Auslösen eines Brandalarms müssen die Fahrkörbe in das Hauptzugangsgeschoß fahren und mit offenen Türen stehen bleiben.

Nur die letzte Ziffer gilt nicht für bestehende Anlagen.

§ 33 Fahrzeuggestaltung

(4) Erkennbarkeit und Lesbarkeit der für den Fahrgast vorgesehenen Fahrzeugeinrichtungen darf nicht durch Werbung oder Farbgebung beeinträchtigt werden.

(6) Fenster zu Fahrgasträumen müssen so beschaffen sein, dass ein Hinauslehnen nicht möglich ist.

Beides gilt nur für neue Fahrzeuge.

§ 36 Bremseinrichtungen

(11) In Personenfahrzeugen müssen Einrichtungen vorhanden sein, mit denen Fahrgäste im Notfall eine Bremsung einleiten können (Notbremsung). In Tunneln darf die Betätigung dieser Einrichtungen außerhalb von Haltestellen erst am nächsten Bahnsteig zum Halt führen.

Letzter Satz gilt nur für neue Fahrzeuge.

§ 42 Beleuchtung der Fahrzeuge

(1) Das erste Fahrzeug eines Zuges ist an der Stirnseite mit Leuchten, welche in der Form eines auf die Basis gestellten gleichschenkeligen Dreiecks anzuordnen sind, auszurüsten. Die Leuchte an der Spitze des Dreiecks kann die Linienbezeichnung enthalten. Die beiden unteren Leuchten müssen Scheinwerfer sein.

Da der ULF von der Ferne leicht mit einem Auto(bus) verwechselt werden kann, wird er wohl ab nun so auszurüsten sein. Außerdem enthält die Leuchte ja mehr als die Linienbezeichnung. Auch die neuen U-Bahnwagen v weisen diese Spitzenleuchte trotz Zielmatrix auf.

(3) Die Wirksamkeit der Einschaltung darf nicht von der Fahrleitungsspannung abhängig sein.

Beide Bestimmungen gelten nur für neue Fahrzeuge.

§ 46 Fahrzeugführerplatz

(1) [...] Bei straßenabhängigen Bahnen muss ein direkter Sprechkontakt zum Fahrzeugführer möglich sein. [...]

(4) Bei Fahrzeugen straßenabhängiger Bahnen muss im Sichtbereich des Fahrzeugführers mindestens auf der in Fahrtrichtung rechten Seite des Fahrzeuges ein Rückblickspiegel vorhanden sein.

Gilt beides nur für neue Fahrzeuge.

§ 47 Innenbeleuchtung, Heizung und Lüftung

(5) Es müssen technische Einrichtungen vorhanden sein, die eine Regelung der Raumtemperatur des Fahrzeugführerplatzes, insbesondere eine Senkung der Raumtemperatur, ermöglichen.

Gilt nur für neue Fahrzeuge.

§ 48 Informationseinrichtungen

(9) Bei Fahrbetrieb ohne Fahrzeugführer müssen Einrichtungen für Sprechverbindungen zwischen Fahrgästen und einer besetzten Betriebsstelle vorhanden sein.

(10) Im Fahrgastraum sind Einrichtungen für eine Sprechverbindung zum Fahrzeugführer vorzusehen. Die Aktivierung der Sprechverbindung ist dem Fahrzeugführer akustisch anzuzeigen. Bei Betätigung der Notbremseinrichtungen muss die Aktivierung der Sprechverbindung zum Fahrzeugführer selbsttätig erfolgen.

Gilt beides nur für neue Fahrzeuge.

§ 49 Hinweise für Fahrgäste

(1) In Personenfahrzeugen müssen Hinweise über den Gebrauch der Einrichtungen, die vom Fahrgast bedient werden sowie allgemeine Verhaltensregeln vorhanden sein.

(3) In Personenfahrzeugen müssen Hinweise über das Verhalten in Notfällen und über den Gebrauch der Einrichtungen für Notfälle vorhanden sein.

(4) An den Außenseiten von Personenfahrzeugen müssen Betätigungs- und Verhaltenshinweise für Fahrgäste vorhanden sein.

Gilt alles nur für neue Fahrzeuge und ist, vom derzeitigen Stand ausgehend, sehr verbesserungswürdig. Wo ist z. B. der Betätigungshinweis für den Türknopf beim ULF?

§ 50 Beschriftung der Fahrzeuge

(1) An allen Außenseiten der Fahrzeuge ist die Fahrzeugnummer anzubringen.

v an der Stirnseite! Die T werden wohl bis 1. 7. komplett zugelassen sein.

(2) Zumindest rechts vorne sind anzubringen

  1. Name und Anschrift des Straßenbahnunternehmens oder dessen Geschäftsbezeichung oder Wappen,
  2. das Eigengewicht,
  3. Angaben über die zulässige Nutzlast bei Dienstfahrzeugen und
  4. der Zeitpunkt der letzten Inspektion.

Gilt nur für neue Fahrzeuge. Da wird man wohl ein bisserl was aufpicken müssen...

§ 54 Signale

(2) Signale müssen in den Formen, Farben und Klangarten der Anlage 2 entsprechen.

Diese Anlage enthält die Signale, die im Wesentlichen denen der ÖBB gleichen bzw. daran angelehnt sind. Sie müssen aber nur bei Änderung der betreffenden Betriebsvorschrift übernommen werden. In Wien weichen fast alle davon ab.

(6) Fahrsignale Halt, Frei geradeaus, nach rechts oder nach links sind durch Ankündigungssignale (Vorsignale) mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf anzukündigen; dies gilt nicht, wenn die Züge am Signalstandort ausnahmslos zu halten haben oder wenn ein Signalwechsel auf Halt innerhalb des Anhalteweges durch den vorbei fahrenden Zug ausgeschlossen wird. Es gilt auch nicht, wenn sich der Signalstandort an einer Haltestelle befindet und die Annäherungsgeschwindigkeit auf 15 km/h beschränkt ist.

Gilt ab 1. 7. 2004.

§ 57 Fahrbetrieb

(4) Haltestellennamen sowie Umsteigemöglichkeiten sind in den Zügen rechtzeitig bekannt zu geben.

§ 58 Teilnahme am Straßenverkehr

Züge, die am Straßenverkehr teilnehmen, dürfen nicht länger als 75 m sein.

Für alle Bestimmungen, die von der StrabVO 1999 nicht berührt werden bzw. bei Zutreffen der Übergangsbestimmungen bleibt die StrabVO 1957 in Kraft.